Die Wirkungen der „Schonfristzahlung“

Árpád Farkas, Anwalt für Immobilienrecht
Nicht neu, aber von manchen Gerichten unerwünscht: Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 (3) 2 S. 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands hat lediglich Folgen auf die ausgesprochene fristlose, nicht jedoch Folgen für eine aufgrund desselben Mietrückstands ergangene ordentliche Kündigung (BGH, Urteil vom 23.10.2024 – VIII ZR 177/23).

Es ist keine neue Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, sondern die Fortsetzung seiner ständigen Rechtsprechung, wenn das höchste deutsche Zivilgericht in Wohnraummietsachen ausdrücklich erklärt, dass für den Fall, dass ein Mieter mit zwei Mieten in Zahlungsrückstand ist und der Vermieter aufgrund dieses Zahlungsrückstands zunächst eine außerordentlich fristlose sowie gleichzeitig eine hilfsweise ordentlich fristgerechte Kündigung ausspricht, der Ausgleich des Mietrückstands durch den Mieter selbst oder in Form einer entsprechenden Verpflichtung einer öffentlich-rechtlichen Stelle (z. B. Jobcenter) sich lediglich auf die fristlose Kündigung bezieht und diese heilt. Die ordentliche Kündigung bleibt im Raum und ist weiter geeignet, das Mietverhältnis zu beenden.

Das Landgericht Berlin, dort vor allen Dingen die 66. Zivilkammer, weigert sich seit Jahren vehement, diese Grundsätze anzunehmen und anzuwenden. So auch in einer Entscheidung vom 14.06.2023, in der sie eine Räumungsklage des Vermieters abwies.

Der Fall:
Die beklagte Mieterin war seit August 2006 in einer Wohnung der Klägerin in Berlin beheimatet. Nachdem die Mieterin für die Monate Januar und Februar 2022 die geschuldete Miete nicht gezahlt hatte, erklärte die Vermieterin mit Schreiben vom 14.03.2022 die fristlose und gleichzeitig hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs. Am 17.03.2022, also drei Tage nach Zugang der Kündigung, glich die Mieterin den Mietrückstand vollständig aus.

Während das Amtsgericht in Berlin die BGH-Rechtsprechung kennt und verinnerlicht hat, demzufolge der Räumungsklage stattgab, führte die Berufung der Mieterin dazu, dass die 66. Kammer des Landgerichts Berlin die Räumungsklage zurückwies.

Die Entscheidung:
Zu Unrecht, wie der Bundesgerichtshof nun bereits mehrfach feststellen musste.

Der Bundesgerichtshof weist ausdrücklich nochmals darauf hin, dass die rechtzeitige sogenannte „Schonfristzahlung“ nach § 569 (3) 2 BGB lediglich die außerordentliche Kündigung heilt. Eine vom Vermieter aufgrund desselben Zahlungsrückstands zugleich ausgesprochene („hilfsweise“ erklärte) ordentliche Kündigung wird von der Schonfristzahlung nicht geheilt. Das bedeutet im Ergebnis, dass der Mieter durch einen Ausgleich der Mietrückstände zwar die außerordentlich fristlose Kündigung aus der Welt schaffen kann, die ordentliche Kündigung jedoch in der Welt bleibt und der Mieter, soweit nicht Härtefallgründe vorliegen, zur Räumung der Wohnung nach Ablauf der Kündigungsfrist verurteilt wird.

Tipps für die Praxis:
Der Bundesgerichtshof macht nochmals klar, dass zunächst immer darauf zu achten ist, dass bei Erklärung einer außerordentlich fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs gleichzeitig auch hilfsweise eine ordentliche Kündigung erklärt wird. Für den Fall, dass der Mieter oder das Jobcenter die Miete nachzahlt, bleibt dann zumindest die ordentliche Kündigung im Raum und kann im Rahmen einer Räumungsklage weiterverfolgt werden. Weiterhin zeigt die BGH-Rechtsprechung aber auch, dass nicht jedes Gericht von dieser Regelung des Gesetzes angetan ist und auch nicht jedes Gericht die Rechtsprechung des BGH kennt. Umso besser ist es daher, sich bei Ausspruch der Kündigung von einem versierten Fachmann, z.B. einem Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht unterstützen zu lassen.

Umzug
von Árpád Farkas - Anwalt für Immobilienrecht 28. November 2025
Der BGH (VIII ZR 17/25, 28.10.2025) betont: Umzugsfähigkeit des Mieters muss bei Härtefällen sorgfältig aufgeklärt werden – häufig per Sachverständigengutachten. Praxis-Tipps für Vermieter und Mieter in Eschweiler vom Anwalt für Immobilienrecht.
Eigenbedarfskündigung und unzumutbare Härte wegen suzidaler Krise.
von Árpád Farkas, Anwalt für Immobilienrecht 15. November 2025
Können eine suizidale Krise und ein Herzfehler einer Eigenbedarfskündigung entgegenstehen?
Zur Haftung des Immoblieneigentümers bei Verletzung der Streupflicht.
von Árpád Farkas, Anwalt für Immobilienrecht 12. September 2025
Wann trifft den Gestürzten eine Mithaftung bei Verletzung der Streupflicht durch den Eigentümer?
Zur Frage, wann wegen Nichtleistung der Kaution gekündigt werden kann.
von Árpád Farkas, Fachanwalt für Immobilienrecht 4. September 2025
Welche Voraussetzungen hat die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Nichtzahlung der Kaution?
Ist ein fachärtzliches Attest zum Nachweis einer unzumutbaren Härte erforderlich?
von Árpád Farkas, Fachanwalt für Immobilienrecht 4. September 2025
Zur Frage, ob die unzumutbare Härte aufgrund suizidaler Krise durch ein fachärtzliches Attest nachgewiesen sein muss.
von Árpád Farkas, Anwalt für Immobilienrecht 15. April 2025
Was geschieht, wenn der Mieter oder Pächter eines Eigentümers ohne Genehmigungsbeschluss bauliche Veränderungen vornimmt?
von Árpád Farkas, Anwalt für Immobilienrecht 11. April 2025
Wann darf ein Wohnungseigentümer die Fassade durchbohren, wie viele Informationen muss er der GdWE vorher mitteilen?
von Árpád Farkas, Anwalt für Immobilienrecht 19. März 2025
Aus einer auf einem Grundstück lastenden öffentlich-rechtlichen Baulast folgt keine zivilrechtliche Duldungspflicht des Grundstückseigentümers gegenüber dem Nachbarn, zugunsten dessen die Baulast gegenüber der Bauaufsichtsbehörde abgegeben wurde.
von Árpád Farkas, Anwalt für Immobilienrecht 10. Februar 2025
Über die "gesetzliche Öffnungsklausel" des § 16 (2) 2 WEG können auch Kostentragungsregeln aus der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung durch einfachen Mehrheitsbeschluss geändert werden.
von Árpád Farkas, Anwalt für Immobilienrecht 30. Januar 2025
Zum Beginn der Verjährung des Anspruchs auf Stellung einer Bauhandwerkersicherungshypothek.